Geschichte
Die I. Hochquellenleitung
Eröffnung der I. Wiener Hochquellenleitung am Schwarzenbergplatz am 24.10.1873
Prof. Eduard Suess
Um die Mitte des 19. Jahrhunderts hatte die Versorgung Wiens mit mangelhaftem Trinkwasser Typhus- und Choleraepidemien zur Folge. Nachdem man den Gedanken, Wasser aus den ufernahen Grundwasserströmen der Donau und ihrer Nebenflüsse oder aus stadtnahen Quellen zu gewinnen, fallengelassen hatte, beschloss der Wiener Gemeinderat am 12. Juli 1864 den Bau der I. Wiener Hochquellenwasserleitung. Dass es zur Verwirklichung dieses Projektes gekommen ist, verdanken wir der Ausdauer und Durchschlagskraft des Geologen und Politikers Prof. Eduard Sueß, der als “Schöpfer der I. Wiener Hochquellenleitung” in die Geschichte Wiens eingegangen ist.
Wasserbehälter Rosenhügel
1869 bis 1873 erfolgte die Fassung der Kaiserbrunnquelle, die Errichtung eines 90 km langen Leitungskanales und des Verteilungsrohrnetzes in Wien. Die Leitungstrasse verläuft von Kaiserbrunn bis Hirschwang in einem drei km langen Stollen und von dort in einem gemauerten Kanal über Payerbach, Neunkirchen, Vöslau, Baden, Mödling, Liesing, Mauer bis zum Wasserbehälter am Rosenhügel in Wien (Höhenunterschied: 280 m - Fließzeit: 16 Stunden). Heute ist die I. Wiener Hochquellenleitung durch Einleitung weiterer Quellen ab der Pfannbauernquelle insgesamt 150 km lang.
Die Lieferleistung betrug ursprünglich 138.000 m3 pro Tag. Auf Grund geologischer Untersuchungen erwartete man ausgezeichnetes Quellwasser aus dem Rax-Schneeberggebiet. Durch die Fassung weiterer Quellen und die Errichtung des Speichers Neusiedl konnte die nach Wien lieferbare Wassermenge auf 220.000 m3 pro Tag gesteigert werden. Für die Reinheit der Quellen ist es außerordentlich wichtig, das Einzugsgebiet vor Verunreinigungen zu schützen. 1965 wurde daher das gesamte Rax-Scheeberg-Schneealpemassiv wasserrechtlich unter Schutz gestellt.
II. Wiener Hochquellenleitung
Bau eines Aquäduktes an der II. Hochquellenleitung
Das rasante Ansteigen der Einwohnerzahl Wiens nach 1890 machte es notwendig, neue Wasserreserven zu erschließen. Im Jahr 1900 beschloss der Wiener Gemeinderat auf Initiative von Bürgermeister Dr. Karl Lueger, eine zweite Hochquellenleitung zu errichten. Der städtische Ingenieur Oberbaurat Dipl.-Ing. Dr. Karl Kinzer „entdeckte“ die dafür notwendigen Quellen und deren Wasserreichtum im Hochschwabgebiet. 100 Aquädukte und 19 Düker (Siphon aus Gussrohrleitungen) mit Längen bis zu 2,5 Kilometer mussten zur Über- bzw. Unterquerung von Flüssen und Tälern errichtet werden. Der Wasserdruck erreicht in den verwendeten Gussrohren fast 9 bar. Bei den Winkel- und Knickpunkten mussten daher mächtige Betonwiderlager zur Aufnahme der Schubkräfte eingebaut werden. Ablassschleusen im Bereich größerer Flüsse ermöglichen das Entleeren der Leitung für Kontroll-, Wartungs- und Reinigungsarbeiten. Während des Wasserleitungsbaues waren bis zu 10.000 Arbeiter und Arbeiterinnen im Einsatz.
Kristallkelch
Am 2. Dezember 1910 wurde die II. Wiener Hochquellenleitung in Betrieb genommen. Bei einem Festakt im Wiener Rathaus schaltete Kaiser Franz Josef I. symbolisch eine „Wasserkunstanlage“ ein und genoss den ersten Schluck des frischen und köstlichen Quellwassers aus einem Kristallkelch.
Die II. Wiener Hochquellenleitung liefert heute täglich bis zu 217 Millionen Liter Wasser aus dem steirischen Salzatal im Hochschwabgebiet nach Wien. Über eine Entfernung von 180 Kilometer - mit einem über weite Strecken gleichen Gefälle von 0,22 Promille. (Höhenunterschied 361 Meter, Fließzeit ca. 36 Stunden). Die Trasse führt von Gußwerk - Weichselboden über Wildalpen, Lunz am See, Scheibbs, Wilhelmsburg, Pyhra, Auern, Neulengbach, Eichgraben und Preßbaum nach Wien-Mauer. Der Leitungsquerschnitt schwankt zwischen 1,16 und 1,92 Meter in der Breite, sowie 1,58 und 2,08 Meter in der Höhe.
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